Der Fachkreis Nord der Deutschen Gesellschaft für Chronometrie e.V. (DGC, https://www.dg-chrono.de/dgc/) hat Martin Zarth eingeladen, beim Frühjahrstreffen am 2.3.2024 in Lüneburg den aktuellen Stand des Projekts „Eine Sonnengang-Uhr für den Hamburger Stadtpark“ vorzustellen. Dieser wird im Folgenden skizziert.
Ende 2022 hat Hansjörg Schuler eine kombinierte Sonnen- und Mondgang-Uhr in Tischmodellgröße fertiggestellt (https://sgu.stadtparkverein.de/die-mondgang-uhr/). Dies stellte die Kunstwerkstatt Sonnengang-Uhr vor die ebenso faszinierende wie herausfordernde Aufgabe, zu prüfen, ob eine Erweiterung der bisherigen Sonnen-Installation zwischen den Treppen am Stadtparksee um eine Mondgang-Uhr möglich und sinnvoll sein könnte.
Es war gleich zu Beginn klar, dass die größte Herausforderung darin besteht, das von Schuler erfundene Mondgang-Uhrwerk ähnlich kompakt und parkmodelltauglich zu entwickeln und zu bauen wie das Sonnengang-Uhrwerk im Stegmodell. Da das Mondgang-Uhrwerk von Schuler noch keine Skalen aufweist, wurde zunächst die Entwicklung eines präsentationstauglichen Skalenprogramms mit dazu passenden Stell- und Antriebsscheiben in Angriff genommen.
Ziel ist es, auch diejenigen Bahnen, auf denen der Mond über den Himmel zieht und die komplizierter sind als die der Sonne, erlebbar und nachvollziehbar zu machen. Ähnlich wie beim Sonnengang-Uhrwerk soll es auch beim Mondgang-Uhrwerk möglich sein, die einzelnen Komponenten der Zeigersteuerung nacheinander vorzuführen, zu erläutern und verständlich zu machen. Gleichzeitig soll alles darauf ausgelegt werden, dass im endgültigen, dauerhaft betriebenen Mondgang-Uhrwerk alle Steuerscheiben möglichst über offen einsehbare und verständliche Zahnradübersetzungen angetrieben werden. Es ist fraglich, ob sich letzteres wird realisieren lassen. Ersatzweise könnten einzelne Antriebe auch durch Schrittmotoren erfolgen, bei denen die Bewegungsabläufe dann allerdings weniger gut nachvollziehbar wären.
Während das Sonnengang-Uhrwerk im Wesentlichen 4 Skalen auf 3 Stellscheiben aufweist, sieht ein erster, noch unvollständiger Entwurf für das Mondgang-Uhrwerk auf den folgenden 5 Stellscheiben insgesamt 7 Skalen vor:
- Einen Längengradring, an dessen Außenseite des ist eine Längengrad-Skala mit einer 360°-Einteilung. An der Innenseite ist eine Zeitzonen-Skala mit den 24 Zeitzonen-Markierungen, mit deren Hilfe die richtige Uhrzeit auf der Stundeskala abgelesen werden kann. Dieser Ring ist beim Sonnen- und Mondgang-Uhrwerk identisch.
- Eine Tagesscheibe, auf der eine 24-Stundenskala ist. Sie dreht sich in 24 Stunden gleichförmig um 360°. Auch diese Scheibe ist beim Sonnen- und Mondgang-Uhrwerk identisch.
- Eine Mondzeigerscheibe, die den Mondzeiger ein klein wenig langsamer dreht, als dies die Stundenscheibe beim Sonnenzeiger macht. Dadurch macht die Mondzeigerscheibe gegenüber der Tagescheibe in 29,53 Tagen (synodischer Monat) eine rückläufige 360°-Umdrehung.
An der Außenseite befindet sich die synodische Skala, die in 29,53-Tage (synodischer Monat) unterteilt ist und die an der 0-Markierung auf der angrenzenden 24-Stundenskala abgelesen wird. Auf der Innenseite ist eine Mondphasen-Skala n, auf der die aktuelle Mondphase an der 0-Markierung auf der Tagesscheibe abgelesen werden kann.
Genau genommen liest man die aktuelle Mondphase an derjenigen Stundemarkierung ab, auf die der Sonnenzeiger auf der 24-Stundeskala des Sonnengang-Uhrwerks – bedingt durch die Zeitgleichung – aktuell eingestellt ist. - Eine Ekliptikscheibe, die die erste Komponente des Mondzeigerwinkels (+/-24,45° entsprechend der Schiefe der Ekliptik) steuert. Sie trägt die siderische Skala mit 27,32 Tagen (siderischer Monat), die an der 0-Markierung auf der synodischen Skala abgelesen wird.
Diese Ekliptikscheibe hat viel Ähnlichkeit mit der Jahresscheibe der Sonnengang-Uhr, braucht aber für eine volle Umdrehung gegenüber der Mondzeigerscheibe kein ganzes Jahr, sondern nur 27,32 Tage. Entsprechend steigt die Mondbahn bereits innerhalb eines knappen Monats von ihrem tiefsten Stand, der der Wintersonnenwende entspricht, zu ihrem höchsten Stand, der der Sommersnonnenwende entspricht, und wieder zurück. - Eine Knotenscheibe, die die zweite Komponente des Mondzeigerwinkels (+/- 5,2° entsprechend der Wanderung der Knotenlinie) steuert. Sie trägt die Mondknoten-Skala von 18,61 Jahren, die – wie die siderische Skala – an der 0-Markierung der synodischen Skala abgelesen wird. Diese Scheibe braucht für eine volle Umdrehung gegenüber der Mondzeigerscheibe also mehr als 18 Jahre. Das bedeutet, dass der Mond erst nach einer so langen Zeit wieder auf der gleichen Bahn über den Himmel zieht.
Diese 2. Komponente bewirkt unter anderem, dass die monatlichen Höchststände der Mondbahn bis zu 5° höher ausfallen können als die höchste Sonnenbahn zur Sommersonnenwende, während die Tiefstände bis zu 5° tiefer liegen können als die niedrigste Sonnenbahn zur Wintersonnenwende.
Die Tagesscheibe des Mondgang-Uhrwerks ist mit einem 1:1-Antrieb an die Tagesscheibe des Sonnengang-Uhrwerks gekoppelt. Zwischen den darüberliegenden drei Antriebsscheiben liegt jeweils ein Zahnradgetriebe, mit dem die untere Scheibe die jeweils darüberliegende im richtigen Übersetzungsverhältnis antreibt.
Wie bei der Sonnengang-Uhr ist über das Innenrohr der Mondzeigerachse die Mondzeigerscheibe mit dem Mondzeiger verbunden, während über das Außenrohr die Ekliptikscheibe die Ekliptikschräge im Mondzeigergelenk steuert. Mit einer Zahnradstange, die optisch eindrucksvoll parallel zur Mondzeigerachse geführt wird, überträgt die Knotenscheibe ihren Antrieb auf die Mondknotenschräge im Mondzeigergelenk.
Der hier vorgestellte Entwurf ist noch unvollständig und in einigen Teilen fraglich. Jeder, der Interesse hat, ist herzlich eingeladen, bei der Weiterentwicklung mitzuwirken. Rückmeldungen jederzeit gerne an den Leiter der Kunstwerkstatt Sonnengang-Uhr:
Martin Zarth, martin.zarth@stadtparkverein.de, Tel. 040/6045534.
Erstes Foto: Lothar Hasselmeyer, folgende Fotos und Grafiken: Martin Zarth