Die unsymmetrisch gewölbten Sonnenbahnen, die schräg in den Wandflächen des Sonnenzimmers liegen und an den Ecken so sonderbar abknicken, wirkten bei den Präsentationen immer recht unverständlich auf die Besucher. Alle Versuche, die Form dieser Wandbahnen und ihr Zustandekommen zu erklären, waren nur begrenzt erfolgreich. Die Aha-Erlebnisse, die beim Erklären all der anderen Funktionen der Sonnengang-Uhr regelmäßig auftreten, sind hier bislang ausgeblieben.
Recht unbefriedigend mussten naturgemäß auch die Hinweise bleiben, dass man später an dem originalgroßen Modell längst des Sonnenzeigers wird peilen und dann leicht erkennen können, wie der Zeiger die Bahnen in den Wandflächen exakt nachzeichnet.
Diese Erlebnisse bei den Präsentationen des Sonnenzimmers ließen allmählich Fragen und Ideen für ein Modell entstehen, das die Wandbahnen auf Anhieb verständlich macht. Es ist 2011 entwickelt und 2012 in der Größe eines Tischmodells (Maßstab 1:80) gebaut worden. Um die geometrischen Formen besser erkennen zu können, wird auch der Bereich unterhalb der Hangoberfläche mit abgebildet.
Bei diesem Modell sind die beiden Flächen, die der Sonnenzeiger in seiner maximalen Sommer- und Winterstellung überstreicht, aus Kartonpapier nachgebildet worden. Die beiden Flächen bilden die Form von zwei sich gegenüberliegenden stumpfen Kegeln. Ihre Spitzen liegen im Ausgangspunkt des Sonnenzeigers. Die Kegelflächen erstecken sich bis zu den Sonnenzimmerwänden aus transparentem Plexiglas. Wo beide aufeinandertreffen, bilden sich exakt diejenigen unsymmetrischen Bahnen heraus, die von den Stangen in den Wänden des Sonnenzimmers her bekannt sind. Auf beiden Kegelflächen markieren je 24 strahlenförmige Linien den Sonnenstand zur jeweils vollen Stunde.
Man erkennt an diesem Kegelmodell, wie sich die komplizierten Formen der Wandbahnen dadurch bilden, dass die Kegelflächen ziemlich schräg und zur Straßenseite hin verschoben im Sonnenzimmer liegen. Je weiter die Wand von der Kegelspitze entfernt ist, umso flacher ist die Kegelfläche hier gewölbt und umso größer sind hier die Abstände zwischen zwei benachbarten Stundenmarkierungen.
Da der Sommerkegel mit der Spitze schräg nach unten gerichtet im Sonnenzimmer liegt, ist die Wölbung seiner Kegelfläche durchgängig auch nach unten gerichtet. Beobachtet man, wie diese Kegelfläche auf die Wände stößt, so leuchtet leicht ein, dass sich die Wölbungen der Sommerbahnen zwangsläufig ebenfalls nach unten gerichtet ausbilden müssen. So erhellt sich dieses Phänomen, das zuvor ebenso unbekannt wie unverständlich war. Da der Winterkegel entgegengesetzt ausgerichtet ist, bildet er nach dem gleichen Prinzip Winterbahnen heraus, deren Wölbungen auch entgegengesetzt und damit, wie intuitiv erwartet, nach oben gerichtet sind.
An den Ecken erkennt man nun auch, dass der Sonnenverlauf hier letztlich doch keine Knicke macht. Vielmehr verlaufen die Kegelflächen auch in den Ecken ganz gleichförmig, d. h., aus der Perspektive des Sonnenzeigers gehen die Sonnenbahnen an den Ecken ganz glatt ineinander über. Nur weil die Wände, die die Kegelflächen anschneiden, rechtwinklig abknicken, bilden sich auf ihnen die Sonnenbahnen derart heraus, dass sie aus den meisten Perspektiven so sonderbar abgeknickt erscheinen.
Während der Präsentationen lösten diese scheinbaren Knicke bei den Besuchern immer wieder Überlegungen aus, die teils bis ins Philosophische hineinführten, wie z. B.: Ob es sich bei manch einem Knick im Lebenslauf vielleicht ähnlich verhält? Ob er sich aus einer bestimmten, uns möglicherweise verborgenen Perspektive heraus ebenfalls als kontinuierliches (sinnvolles?) Geschehen darstellen könnte?